bautalk IM GESPRÄCH MIT PROF. DR. BAUER

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bautalk IM GESPRÄCH MIT PROF. DR. BAUER

Interview: Robert Schütz:

Anlässlich des Münchner Mediendialog 2016 entstand das folgende Interview mit dem Unternehmer und Hochschullehrer Prof. Sebastian Bauer. Dabei geht es u.a. um die aktuelle Entwicklungen in Russland und China und weiteren schwierigen Märkten.  

  1. Herr Prof. Bauer, die bauma 2016 steht unmittelbar bevor. In den letzten drei Jahren ist viel passiert. Mit welchen Gefühlen gehen Sie an diesem weltweit wichtigsten Branchenevent an den Start?

Mit viel Vorfreude! Die bauma ist für uns immer ein Zielpunkt für unsere strategischen Entwicklungsprojekte. Denn wir versuchen dort möglichst viele unserer Neuigkeiten ganz frisch zu präsentieren: neue und verbesserte Geräte, neue Verfahren, neue Ideen, usw. Es ist schön, dann alles fertig in Stahl und Eisen zu sehen, aber auch die Reaktion unserer Kunden darauf zu erleben und mit ihnen darüber sprechen zu können.

  1. Was sind aktuell nach Ihrer Ansicht die weltweit grössten wirtschaftlichen Herausforderungen in der Baubranche bzw. innerhalb der Baumaschinenindustrie? 

Zunächst einmal ist derzeit die ganze Industrie – und so auch die Baumschinen-Branche – einer ungeheuren Volatilität der Wirtschaft ausgesetzt. Die weltweiten politischen Verschiebungen sind kaum noch berechenbar geworden, die regionalen konjunkturellen Veränderungen kommen immer abrupter. In der MENA-Region – also Naher Osten und Nordafrika –, die seit längerer Zeit einer der Impulsgeber der Baubranche sind, herrschen in verschiedenen Ländern Bürgerkriege und Terror, zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und dem schiitischen Iran schaukeln sich die Emotionen immer mehr in die Höhe. Europa ist von der Flüchtlingskrise betroffen, die die im Süden noch immer herrschende Wirtschaftskrise fast vergessen macht, zusätzlich erzeugt die neue Terrorgefahr eine spürbare Verunsicherung in der Region. Der Ukraine-Konflikt und die entsprechenden Sanktionen zwischen dem Westen und Russland führten zu einer Wirtschaftskrise in Russland und haben den Handel in diese Region dezimiert.

All dies wird von der Wirtschaftskrise in China – das ja in den letzten Jahren der rasanteste Bau- und Baumaschinenmarkt der Welt war – überschattet, welche wiederum mitverursachend war für den Niedergang von Ölpreis und Rohstoffpreisen. Dieser wiederum hat zur Folge, dass viele Länder, die vorher von den entsprechenden Einnahmen überschwemmt wurden, mittlerweile stark defizitär sind und teilweise an den Rand einer Staatspleite kommen. Gerade diese Länder hatten aber in der Vergangenheit vielfach genannten Einnahmen genutzt, um im eigenen Land zu investieren, was zu einer entsprechenden Bautätigkeit geführt hat. Als wäre das noch nicht genug, schütteln Brasilien und Malaysia gerade Korruptionsskandale.

Auf der Positiv-Seite stellt der schwache Euro momentan ein Konjunkturprogramm für die Europäischen Exporte dar. Die USA sind derzeit ein Zugpferd für die Weltwirtschaft. Und der Abbau der Sanktionen zum Iran könnte dieses Land zu einem regionalen Brennpunkt der Wirtschaftsentwicklung machen.

  1. Sie haben kürzlich in Zürich erklärt: Allein In Russland sei ein Umsatzrückgang von 75 Prozent zu beklagen. Für wann sehen Sie hier eine Verbesserung im russischen Markt? Bzw. welche Konsequenzen werden sich auf Grund dieser Entwicklungen für Bauer ergeben?

Wenn jemand wüsste, wann der russischen Markt sich wieder bessert, würde er nicht in der Baumaschinenbranche arbeiten, sondern durch Währungs- und Aktientermingeschäfte reich werden. (lacht) . Voraussetzungen dafür sind aber wohl einerseits eine Reduzierung der politischen Spannungen zum Westen und damit auch eine Lockerung der Sanktionen und andererseits eine Erholung der Ölpreise. Zumindest ersteres könnte durch den Bürgerkrieg in Syrien und den Kampf gegen die IS begünstig werden, da mittlerweile wohl alle Länder gemerkt haben, dass man sich irgendwie zusammenraufen muss, um hier noch schlimmeres zu verhindern.

Für Bauer war Russland immer einer der wichtigen Märkte und wir mussten im vergangenen Jahr hart daran arbeiten, dessen weitgehenden Wegfall in den anderen Regionen zu kompensieren – was uns dann auch mehr oder weniger gelungen ist. Und ich gehe auch im Jahr 2016 noch nicht von einer wesentlichen Erholung des russischen Markts aus. Allerdings muss der Westen jetzt schon daran arbeiten, dass diese Krise nicht auch in der Zukunft im Verhältnis zueinander tiefe Narben hinterlässt.

  1. Die Messe München hat im letzten Jahr die CTT Moskau, die grösste Baumaschinemesse in Russland übernommen. Sehen Sie dies als ein wichtiges Signal für eine bevorstehende Verbesserung?

Ich glaube, hier hat sich für die Messe München eine gute Gelegenheit geboten und dies war auch langfristig für die Messe München, wie auch für die Baumaschinen-Industrie eine lohnende Investition. Psychologisch war es bestimmt auch gegenüber Russland ein positives Signal; aber die nachhaltige Besserung kann nur über Politik und Weltwirtschaft kommen.

  1. Wie beurteilen Sie die Entwicklungen auf dem europäischen Markt? Welche Länder sind hier besonders interessant als Absatzmärkte?

Sowie es momentan aussieht, wird Deutschland für Baumaschinen auch weiterhin ein relativ stabiler Markt sein. Frankreich und Italien scheinen sich wieder leicht zu erholen. Positive Signale kommen von Osteuropa und im speziellen von Polen. Und auch Skandinavien und das Baltikum entwickeln sich erfreulich.

  1. Am 15. Januar 2015 hat die Schweizerische Nationalbank den Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro aufgehoben. Ist die Schweiz somit für den deutschen Baumaschinenhersteller Bauer als Absatzmarkt attraktiver geworden?

Natürlich ist es für schweizer Firmen leichter, eine Investitionsentscheidung zu treffen, wenn der Kaufpreis niedriger ist – und das wurde er durch die zunehmende Aufwertung des Schweizer Frankens in den letzten Jahren. Allerdings gibt es für Spezialtiefbohrgeräte keine lokalen Firmen, so dass sich letztendlich durch diese Währungsverschiebung keine Veränderung der Marktverhältnisse ergeben hat.

  1. Kommen wir zu den Themen Forschung und Entwicklung: MIDOS für Offshore Foundations ist eine Entwicklung der BAUER Maschinen GmbH in Kooperation mit dem University College of Dublin. Diese Technik wurde am bauma Mediendialog 2016 für den bauma Innovationspreis 2016 nominiert. Können Sie kurz erläutern worum es geht?

 Die Gründung von Offshore-Strukturen – ob nun beispielsweise Windkraftanlagen oder Öl-Plattformen – wurde in der Vergangenheit weitgehend durch Rammen großer Stahlrohre mit Hydraulikhämmern bewerkstelligt. Bei einem Projekt in Schottland konnten wir nun beweisen, dass dies auch durch Einsatz eines Unterwasser-Bohrgeräts gemacht werden kann. Mit dem MIDOS-Verfahren (Mixed Drilled Offshore Steelpiles) haben wir in den letzten Jahren ein Verfahren entwickelt und getestet, bei dem ein Stahlpfahl durch ein bohrendes Bodenmischen in den Boden eingebracht und gleichzeitig dauerhaft einzementiert wird. Der Vorteil liegt einerseits in der äußerst geringen Umweltbelastung durch Lärm – das Rammen beeinträchtigt im Vergleich dazu in der Regel Meeressäuger unter Wasser in hohem Maße – und in der Eignung für stark kalkhaltige Böden, die an verschiedenen Stellen der Welt vorkommen. In einzelnen Fällen konnten wir auch nachweisen, dass dieses Verfahren wirtschaftlicher ist als das Rammen.

  1. Warum hat sich die BAUER Maschinen GmbH für dieses Projekt entschieden und welchen Part haben sie hier übernommen

Wir sind davon überzeugt, dass sich die Märkte für Offshore-Gründungen, -Exploration aber auch -Mining längerfristig positiv entwickeln werden. Daher haben wir immer wieder Gelegenheiten wahrgenommen, auf diesem Gebiet zu investieren und Erfahrungen zu sammeln. Als Verantwortlicher für Forschung und Entwicklung im Maschinen-Segment von Bauer, aber auch als zuständiger Geschäftsführer für den Bereich Maritime Technologien fallen solche Projekte natürlich generell in meinen Zuständigkeitsbereich. Dieses Projekt lag mir allerdings besonders am Herzen.

  1. Wo wird die Forschung und Entwicklung bei der BAUER Maschinen GmbH in nächster Zukunft den Schwerpunkt setzen? Orientiert man sich hier ausschliesslich an den zu erwartenden Kundenbedürfnissen, die evtl. sogar durch die globalen ökologischen bzw. wirtschaftlichen Herausforderungen vorbestimmt sind?

Selbstverständlich sind für uns die Kundenbedürfnisse hier bestimmend – ob es sich nun um eine weitere Erhöhung der Energieeffizienz oder der Leistungsdichte handelt, um eine noch bessere Unterstützung des Geräteführers bei seiner Arbeit, um Vereinfachungen von Transport, Auf- und Abbau der Geräte, um Verbesserungen bei der Arbeitsqualität und Qualitätssicherung oder um die weitere Erhöhung der Sicherheit auf der Baustelle. Langfristig ist wohl abzusehen, dass Energie deutlich teurer werden wird und dass es immer schwerer ist, hoch qualifiziertes Personal für die Baustelle zu finden bzw. auszubilden und es dort zu halten. Dem müssen auch die Geräte Rechnung tragen.

Gleichzeitig folgen neue und geplante gesetzliche Regelungen und Normen – beispielsweise zu Abgas-Emissionen, Lärm-Emissionen, Vibrationen, CO2-Ausstoß und Gerätesicherheit – in einem schnellen Staccato aufeinander, was die Hersteller dazu zwingt, die Entwicklungsbemühungen auch auf diese Themen zu konzentrieren. Und es hat bei den Geräten hierzu in den vergangenen Jahren auch enorme Verbesserungen gegeben. Zudem steigen die technischen Möglichkeiten von Elektronik und Kommunikationstechnik in einem großen Tempo und regen so zu einem rasanten Innovationswettbewerb an.

  1. Noch eine Frage an den Wissenschaftler: Welche Themen bestimmen derzeit die universitäre Forschung in den Instituten im Fachbereich Maschinenbau (Baumaschinen)? Wo besteht der grösste Forschungsbedarf? Und: Was steht vor der Marktreife; welche Projekte könnten die Baumaschinenindustrie in nächster Zeit stark beeinflussen? 

 Die Forschung ist hier natürlich so breit gefächert, wie das Fachgebiet: Es geht um Verschleißminimierung, Ergonomie, Antriebstechnik, neue Verfahren, Sicherheit und vieles mehr. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei allerdings die Vernetzung von Geräten, die Optimierung des Bauablaufs durch eine gesamtheitliche Perspektive über alle Abläufe und Maschinen. Das Schlagwort „Industrie 4.0“ ist natürlich genauso für die Baustelle bedeutsam. Allerdings sind dort die Hürden, diese Ideen umzusetzen, weitaus höher: Man ist eben nicht in einem sauberen industriellen Umfeld mit voll klimatisierten Hallen, exakt vorherbestimmbaren Umgebungsbedingungen und perfekt ausgebauten, störungsfreien elektronischen Netzen. Auf der Baustelle – und ganz speziell im Tiefbau, wo der Boden immer ein nur teilweise bekanntes Element darstellt – gibt es ständig Überraschungen und kurzfristigen Reaktionsbedarf. Und man wird daher auch langfristig immer den Menschen im System brauchen, mit dem Maschinen zusammenarbeiten, auf den sie aber auch Rücksicht nehmen müssen.

 


 

Über Prof. Dr. Bauer: 

  • Sebastian Bauer ist Geschäftsführer der BAUER Maschinen GmbH (Bereich Forschung & Entwicklung, Geschäftsbereich Premium Line, Geschäftsbereich Schlitzwandtechnik und Maritime Technologie)
  • Studium des Maschinenwesens an der Technischen Universität München
  • Promotion am Lehrstuhl B für Mechanik (Prof. Pfeiffer) der TU München
  • Honorarprofessor der Universität Bochum für „Hydraulik von Baumaschinen“
  • Mitglied des Vorstands des Fachverbands Bau- und Baustoffmaschinen und Vorstandsmitglied des Hauptvorstands des VDMA
  • Vorsitzender des Vorstands der Forschungsvereinigung Bau- und Baustoffmaschinen e.V. (FVB)
  • Stellvertretender Vorsitzender des Beirats der Gesellschaft für Maritime Technik e.V. (GMT)
2017-08-02T19:19:22+01:00
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